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Die Freskierung der alten Basilika Sankt Bonifaz

Der Bau der fünfschiffigen Basilika, den die Menschen damals erblickten, muss mit einer Gesamtlänge von 76 Metern beeindruckend erschienen sein.

Im Inneren des Raumes wurde das 23 Meter hohe Mittelschiff von den Seitenschiffen durch vier Säulenreihen mit insgesamt 64 monolithischen Granitsäulen getrennt. Die Säulenreihen führten hin zur Triumphbogenwand und zur großen zentralen Apsis. In dem offenen Dachstuhl erblickte man auf leuchtend blauem Grund rund 7200 goldene Sterne. Unter Leitung des Münchner Akademieprofessors Heinrich Maria von Heß (1798-1863) war der Innenraum mit einem umfangreichen Bilderzyklus ausgemalt worden, der von nun an in der neuen Kirche gesehen und „gelesen“ werden konnte.

Ludwig I. sandte den Architekten Georg Ziebland (1800-1873), einen Schüler Karl von Fischers, nach Italien, damit dieser die Basiliken in Ravenna und Rom studieren konnte. Für die dem Heiligen Bonifatius geweihte Kirche in München übernahm Ziebland den Typus der querschifflosen, frühchristlichen Basilika und bis zum Frühjahr 1840 war der Bau so weit vollendet, dass mit dessen Ausmalung begonnen werden konnte.

Heute vermitteln uns nur noch einige farbige Lithographien, historische Photographien, Skizzen und Entwürfe sowie die zur Vorbereitung des Freskos gezeichneten Originalkartons, die sich im Kunstmuseum in Basel befinden, einen Eindruck von den Freskomalereien in der Basilika, die mit den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verloren gingen. Zwölf großformatige Bilder an den Wänden des Mittelschiffs erzählten vom Leben und Wirken des Heiligen Bonifatius. Diesen waren zehn „Episoden“ aus der Bonifatiusvita zugeordnet, die in Grisaillemalerei ausgearbeitet waren. In der Fensterzone darüber schloss sich ein weiterer Zyklus mit 36 Darstellungen aus der Kirchengeschichte aber auch legendärer Überlieferungen an, der bewusst auch „bayerische“ Heilige vorstellte. In der Arkadenzone befand sich eine Folge von 34 Papstmedaillons. In der großen, zentralen Apsis erblickte man auf Goldgrund gemalt die Gestalten des Heiligen Benedikt und des Heiligen Bonifatius neben den ersten Missionaren Bayerns; darüber Christus in der Mandorla. Am Triumphbogen war das Lamm Gottes dargestellt, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten; darüber zwölf Lämmer, als Symbol der Apostel. Das Bildprogramm hatte der Theologe Ignaz von Döllinger konzipiert. Ausgeführt wurde dieses im Stil der Nazarener, einer damals jungen, christlich und national gesinnten Künstlergeneration, auf die Ludwig bereits als Kronprinz in Italien aufmerksam geworden war. Fasziniert von der Intention einer Erneuerung der christlichen Kunst mit dem Vorbild der Malerei des Mittelalters und der Frührenaissance und dem Streben dieser jungen Künstler nach  einer Wiederbelebung der monumentalen Freskomalerei wurde er bald zu deren wichtigstem Mäzen und berief mehrere von ihnen aus Rom nach München.

Der Bildzyklus in der Basilika St. Bonifaz war einer der größten sakralen Wandbildzyklen des 19. Jahrhunderts. Heinrich Maria von Heß, der sich selbst von 1821 bis 1826 in Rom aufgehalten und dort in engem Kontakt zu den Nazarenern gestanden hatte, wurde bei der Ausführung dieses monumentalen Werks von mehreren Malern unterstützt. Neben Johann Carl Koch arbeiteten unter anderem die Brüder Johann und Claudius Schraudolph, Victor Emil Janssen, Johann Baptist Müller und Johann Kaspar an den Fresken.

Da bei dieser Technik auf feuchten Kalkputz gemalt wird, unterteilt der Freskant das Bild in so genannte Tagwerke (giornata), d.h. in mehrere Teile, die er jeweils an einem Tag bearbeiten kann, ehe der Malgrund trocknet. Die Umrisse der Darstellungen werden in Originalgröße auf einen Karton vorgezeichnet und auf die noch feuchte Wand übertragen; die Kontur auf dem Karton kann dabei mit einem spitzen Gegenstand durchgedrückt oder fein perforiert und mit einem Staubbeutel durchgepaust werden. Beim Abbinden des Kaltputzes schließt dieser das Pigment fest mit ein, so dass eine nachträgliche Korrektur nur durch Abschlagen des Freskos möglich ist. So berichtete Koch am 29. September 1840: „Von 7 ½ - 1 und von 2 ½ - 5 ¾ Uhr in die Basilica, malte die Hand der Alten nebst rothen Aermel und das gelbe Kopftuch, mit welchem ich jedoch nicht ganz fertig wurde, auch schnitt ich von der Hand die Finger wieder ab, da sie Heß zu kurz schienen, war abends recht aergerlich zu Muthe, kleiner Spaziergang […]“. Das Gleiche gilt auch, wenn ein Tagwerk nicht vollendet werden kann, so dass der Maler am 19. Mai in sein Tagebuch notierte: „Malte heute das Blau und Rothe Gewand. Konnte jedoch den Dolch mit dem kl. Zipfel Blau nicht mehr vollenden, weshalb ich letzteres herausschlug."

Die Arbeit hoch oben auf dem Gerüst mit nur geringem Abstand zur Malerei war anstrengend. Gerade in den Wintermonaten war es in der Basilika sehr kalt und je nach Jahreszeit und Witterung herrschten zum Teil schlechte Lichtverhältnisse. So ist am 16. Und 17. Oktober 1841 in Kochs Aufzeichnungen zu lesen: „[…] malte heute das weiße Gewand. Ward aber gegen Abend sehr dunkel, Regen. Nach Hause […] Dunkler Tag, so daß Heß, welcher das schwarze Obergewand des hl. Bonifaz zu malen gedachte, gar nicht anfing, sondern den Grund wieder herauswerfen ließ.“

Immer wieder kam Ludwig I. in die Basilika und beobachtete, prüfte und kommentierte die Entwicklung der Werke, so auch am 30. Oktober: „Mittags war der König in der Basilika, und erzeigte mir die Ehre, ihn herumführen zu dürfen. Er war sehr gesprächig […]“. Einige Wochen später, am 28. November, begegnet Koch dem König erneut: „Bis 2 Uhr zu Hause gezeichnet. Bey dem Farbenfabrikanten […] Pinsel und Papier gekauft […] In Tambosis Kaffeehaus ein Concert von Thalberg (das zweite im Odeon), wollte Anfangs auf die Gallerie, da es aber schon zu sehr gefüllt war, ging ich in den Saal, hatte wieder die Ehre, vom König angeredet zu werden. Guten Abend, Herr Koch, wie geht es, aber jetzt malen Sie doch nicht mehr, nicht wahr, die Finger werden schon zu steif? Sehr fleißig waren sie dies Jahr. Nächstes Jahr auch so fleißig sein.“


Das Tagebuch spiegelt nicht nur den Alltag der Künstler wieder, sondern dabei auch die Vielgestaltigkeit des 19. Jahrhunderts.

Eine Abschrift des Tagebuchs des Malers Johann Carl  Koch (in Privatbesitz) befindet sich im Stiftsarchiv Sankt Bonifaz.