Bonifaz Haneberg war damit der erste Abt, der durch die Mönche von St. Bonifaz gewählt wurde. Sein Vorgänger Abt Paulus Birker war durch Ludwig I. als Stifter ernannt worden.
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Birker hatte am 8. September 1854 resigniert, weil er die vielfältigen Aktivitäten, zu denen die Abtei nach dem Willen des Stifters verpflichtet war, für unvereinbar mit dem monastischen Ideal erachtete. Haneberg war am 17. Juni 1816 als Sohn eines Bauern auf der "Oberen Tanne", einer Anhöhe bei Lenzfried (östlich von Kempten), zur Welt gekommen und auf den Namen Daniel getauft worden.
an der Münchener Universität, wo er Lehrveranstaltungen in Theologie, Philosophie und Orientalistik belegt hatte, wurde er am 29. August 1839 durch Bischof Peter Richarz im Augsburger Dom zum Priester geweiht. Am 4. Dezember desselben Jahres erhielt er 23-jährig einen Lehrauftrag als Privatdozent für biblisch-orientalische Sprachen an der Theologischen Fakultät der Münchner Universität, am 20. Oktober 1840 ernannte ihn König Ludwig I. zum außerordentlichen und am 28. März 1844 zum ordentlichen Professor für alttestamentliche Exegese und biblisch-orientalische Sprachen. Haneberg beherrschte neben den klassischen Sprachen Latein und Griechisch Hebräisch, Syrisch, Aramäisch, Arabisch und Persisch, verfügte über Kenntnisse in Chinesisch und Sanskrit und sprach Englisch, Französisch, Neugriechisch und Italienisch.
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Im Dezember 1850 trat er zusammen mit dem Weltpriester Wilhelm Zenetti (später P. Benedikt Zenetti; von 1872 bis 1904 Abt von St. Bonifaz) und dem Theologiestudenten Franz von Hoffnaass (später P. Odilo von Hoffnaass) in St. Bonifaz ein
1851 legte er die Profess ab und nahm den Ordensnamen Bonifaz an. Für die Dauer seines Noviziates hatte er sich von der Universität beurlauben lassen, nahm dann aber seine Lehrtätigkeit wieder auf, nicht zuletzt, weil das Kloster das Professorengehalt als zusätzliche Einnahmequelle gut gebrauchen konnte. Auch sein großer Freundeskreis aus dem Umfeld der Universität und aus seinen Jahren vor dem Eintritt in St. Bonifaz – u. a. die Professoren Ignaz Döllinger, Johann Joseph Görres und Johann Nepomuk von Ringseis, der Dichter Clemens Brentano, mit dem Haneberg zeitweise eine gemeinsame Wohnung unterhielt, der Philosoph Ernst von Lasaulx und die Malerin Emilie Linder und ihr Kreis – kam dem Kloster zugute. Hanebergs Freunde wurden auch die Freunde von St. Bonifaz.
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Als Abt stellte sich Haneberg von Anfang an ganz bewusst den immensen Anforderungen an die Abtei. Sie entwickelte sich daher nicht ohne Grund zu einem aktiven Zentrum des religiösen und geistig-kulturellen Lebens in der Hauptstadt des Königreichs.
dass die Vielfalt und die Vielzahl der Geschäfte die Kräfte des Konvents und vor allem auch seine eigenen immer mehr in Anspruch nahmen – auf Kosten des geistigen und kontemplativen Lebens. Deshalb ermahnte er sich und seine Mitbrüder immer wieder, durch mehr Meditation und Betrachtung für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den Idealen und Grundregeln des monastischen Lebens und den Erfordernissen der außerhalb der Klostermauern zu bewältigenden Aufgaben zu sorgen. Hanebergs Ruf als Personifizierung des in der Stiftungsurkunde geforderten wissenschaftlich herausragenden Benediktiners, als Seelsorger, Beichtvater, Prediger, Hochschullehrer, Klostervorstand, Gründer der Nikolausanstalt in Andechs und benediktinischer Missionar in Nordafrika und Palästina, als Redaktor der Statuten der 1858 wieder begründeten Bayerischen Benediktinerkongregation, als deren 1. Visitator von 1861 bis 1870 und als Präses von 1870 bis zu seiner Ernennung zum Bischof von Speyer 1872 fand auch außerhalb seines Ordens ein nachhaltiges Echo. So wollte ihn Papst Pius IX. 1861 zu Forschungszwecken an die Vatikanische Bibliothek berufen, ein Plan, von dem der Papst wohl nicht zuletzt aufgrund der Bitten des Königspaares und Erzbischof Scherrs wieder Abstand nahm.
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Man konnte und wollte auf Haneberg nicht verzichten. Die Pfarrgemeinde von St. Bonifaz dankte ihm mit einem schön gestalteten Album dafür, „in unserer Mitte bleiben zu wollen“. Auch die zahlreichen Vorschläge für vakante Bischofsstühle wie Augsburg, Freiburg, Regensburg, Bamberg und Trier scheiterten wohl an Hanebergs Ablehnung aus eben diesen Gründen, bis er sich schließlich der Kandidatur für Speyer nicht mehr entziehen konnte. Am 11. September 1872 bestieg er den Bischofsstuhl von Speyer. Nach nur vier Jahren starb er am 31. Mai 1876 – kurz vor seinem 60. Geburtstag.
war seine Sehnsucht nach einer umfassenden Einheit seines Lebens gewesen; er hatte auf Sammlung und Konzentration seiner Kräfte auf das Wesentliche gehofft, auf die Möglichkeit, sein Leben ganz auf Gott auszurichten und – gerade auf dem Gebiet der Wissenschaft – Bleibendes zu schaffen. Aber schon bald musste er erkennen, dass ihn auch im Kloster die Vielzahl und Vielfalt an Aufgaben, vor allem die zeitraubende Beschäftigung mit alltäglichen Nebensächlichkeiten, nicht zur Ruhe kommen ließ. Einerseits war er aufgrund seiner Aufgeschlossenheit zu umfassendem Einsatz bereit, andererseits musste er befürchten, seine Zeit und seine Kräfte mit unnützen Dingen und "allerlei Nichtsbedeutendheiten"; zu vergeuden. In seiner Not ermahnte er sich immer wieder zu mehr Demut, Dankbarkeit und Gottvertrauen. Doch dieser lebenslange Spagat zwischen aktivem und kontemplativem Leben und das beständige Ringen um das rechte Maß machen ihn zu dem großen Abt, als der er in die Geschichte von St. Bonifaz eingegangen ist, Vorbild bis heute.