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GRÜNDUNGSABT PAULUS BIRKER

Paulus Birker wurde am 19. Oktober 1814 in Sonthofen geboren und auf die Namen Josef Alois getauft.

Sein Vater Josef war Zimmermeister, der den Sohn früh zu Pflichtbewusstsein und Fleiß anhielt und ihn nach dem Besuch der Werktagsschule in eine Kammmacherlehre geben wollte.

Abt Paulus Birker - lebensgroßes Porträt von Heinrich von Heß in St. Bonifaz: Birker mit Stifungsurkunde und Kreuz, an einem Betstuhl stehend - Ausdruck seiner strengen Aszese.

Die Mutter Agnes setzte durch, dass er stattdessen die Lateinschule in Sonthofen besuchen durfte. Seine guten Leistungen verschafften ihm einen Freiplatz im Augsburger St. Anna-Gymnasium, von dort ging es an die Universität nach München. Nach einigen Semestern Theologie trat Birker 1837 in die 1834 neu errichtete Benediktinerabtei St. Stephan in Augsburg ein und legte am 5. Oktober 1838 die Profess ab. Am 29. August 1839 wurde er zum Priester geweiht und bald darauf in das Priorat Ottobeuren versetzt, wo ihn vielseitige Aufgaben als Pfarrvikar, Novizenmeister, Oekonom und zuletzt Prior erwarteten. Im August 1847 kehrte er als Direktor des Instituts für höhere Bildung nach Augsburg zurück.

1847 ist auch das Jahr, in dem König Ludwig I.

Abt Barnabas Huber von
St. Stephan um eine geeignete Persönlichkeit als Abt für das neu zu errichtende St. Bonifaz bat. Dieser nannte ihm
P. Paulus, der sich durch folgende Eigenschaften besonders auszeichnete: „ …echte Religiosität und untadelhaften Wandel, strenge Gewissenhaftigkeit, vielseitige Bildung, treue Ergebenheit für Seine Majestät, ein Herz voll Liebe und Humanität, durchdrungen vom Geiste des Ordens, Pflichttreue und unermüdete Tätigkeit, ein ruhiger, sanfter Charakter, Ernst mit Milde gepaart, ein gefälliges, gewandtes und empfehlendes Äußere“. Auf diese Empfehlung hin forderte der König P. Paulus auf, seine Gedanken über die Besetzung der neuen Abtei in München zu Papier zu bringen, was dieser in einer Denkschrift vom 15. August 1847 auch tat. Darauf antwortete Ludwig am 19. August von Aschaffenburg aus: „Herrn Abt von St. Stephan in Augsburg und Herrn Prior von Ottobeuren – Den ersteren wünsche ich seiner Lebtag zu bleiben, so habe ich vor, letzteren zum Abte von Sct. Bonifacius in München zu ernennen. Von beyden wünsche ich (deren Schreiben vom 15. dieses ich erhalten) die Namensangabe derjenigen Benedictiner in Augsburg und Ottobeuren (an beiden Orten scheint mir befinden sich meine Benedictiner, keine Asceten, keine Kopfhänger), welche ihnen als geeeignet erscheinen, den Anfang der Benedictiner von Sct. Bonifacius zu bilden… Mit diesem Gefühle der Ihnen beyden wohlgewogene Ludwig“

Schreiben Königs Ludwigs I. an Abt Paulus Birker vom 22. März 1854 im Zusammenhang mit einer baulichen Veränderung; eigenhändige Unterschrift Ludwigs und eigenhändiger Zusatz: Fortwährendes Gedeihen wünsche ich der Abtey Sct. Bonifaz, dessen würdigen Abt von mir sehr geschätzt wird.

Es sollte jedoch aus verschiedenen Gründen noch mehr als drei Jahre dauern,

bis sich P. Paulus auf den Weg nach München machen konnte. Am 4. November 1850 wurde er schließlich von König Ludwig I. zum Abt von St. Bonifaz ernannt. Zum „Grundkonvent“ hatten neben Birker zwei Patres und zwei Brüder aus Augsburg, ein Pater aus Scheyern und drei aus Metten gehört. Im Dezember 1850 waren außerdem die ersten Novizen eingetreten: der Universitätsprofessor Daniel Haneberg, der Weltpriester Wilhelm Zenetti (beide Nachfolger von Abt Birker) und der Theologiestudent Franz von Hoffnaass. Birker zeichnete sich von Anfang an durch besondere Strenge und Kompromisslosigkeit aus. Seine 1851 abgefassten Hausstatuten, die er 1854 überarbeitete und verschärfte, geben davon Zeugnis: Aufstehen um 3.30 Uhr, Chorgebet, gemeinsame Betrachtung und Lesung; Frühstück nur für die Schwachen, alle anderen mussten bis 11.30 Uhr nüchtern ihrer Arbeit nachgehen; nur Mittags Fleisch, ansonsten Suppe und Fastenspeise; mittwochs und freitags nur Brot und Suppe; einmal wöchentlich gegenseitige Fußwaschung und öffentliches Sich-zu-Boden-Werfen u. v. m.  Vor dem Hintergrund der vielfältigen Aufgaben von St. Bonifaz in Pfarrseelsorge, Erziehung und Schule war das ein hartes Programm.

Abt Paulus Birker -Porträt in der Äbtegalerie von Andechs mit dem lat. Distichon (in dt. Übersetzung).

Und auch innerhalb des Klosters gab es Differenzen.

Vor allem die Mönche aus Metten konnten sich mit dieser Form monastischen Lebens nicht anfreunden, zumal die für Metten geltenden Statuten der alten Bayerischen Benediktinerkongregation von Abt Birker als „Halbheiten“ abgetan wurden. Die Mettener fühlten sich als Fremde und auch neu eingetretene Männer wie Daniel Bonifaz Haneberg oder Wilhelm Benedikt Zenetti fügten sich aus Gehorsam gegenüber dem Abt, nicht aber aus Überzeugung von der Richtigkeit des von Birker eingeschlagenen Weges. Diese Diskrepanz musste Birker schließlich auch selbst erkennen und sah nur einen Ausweg: die Resignation. Am 8. September 1854 bat er Erzbischof Reisach um die Genehmigung seines Rücktritts vom Amt des Abtes. Er wolle die Regierung, nicht aber die äbtliche Würde niederlegen – ein Wunsch, dem wenige Tage später Rechnung getragen wurde. Abt Birker zog sich zunächst nach Sonthofen zurück, in der Absicht, dort ein neues Kloster zu gründen. Nachdem dieser Plan scheiterte, versuchte er es – wiederum vergeblich – im Schlösschen Liebenau bei Ravensberg, ging dann nach Rorschach und Menzingen, wo er einige Jahre als Spiritual der dortigen Franziskanerinnen wirkte, bis er schließlich auf Vermittlung des Generalvikars der Diözese Chur, des Kapuziners P. Theodosius Florentini 1861 zum Administrator der Benediktinerabtei von Disentis in Graubünden bestellt wurde. Auf Abt Benedikt Zenettis Einladung kehrte er 1877 nach St. Bonifaz zurück und betreute hier bis zu seinem Tod den klösterlichen Nachwuchs. Abt Paulus Birker starb am 29. November 1888 im Alter von 74 Jahren und wurde in der Gruft von St. Bonifaz beigesetzt.